Synoptische Übersicht Kurzfrist

ausgegeben am Mittwoch, den 26.11.2025 um 18 UTC


SCHLAGZEILE:
Nach kurzem Zwischenhocheinfluss ab Donnerstag von Nordwesten her wieder
unbeständiger und milder.
Im Nordseeumfeld dann zeitweise stürmische Böen, auf dem Brocken Sturmböen.
Glatteis in der Nacht zum Freitag in den mittleren Landesteilen nicht
ausgeschlossen, in der Nacht zum Samstag im Südosten wahrscheinlich.

Synoptische Entwicklung bis Freitag 06 UTC
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Aktuell ... greift ein durch kräftige WLA an der Südflanke eines vom Nordmeer
Richtung Skandinavien ziehenden Höhentroges gestützter Höhenrücken von der
Nordsee langsam auf Norddeutschland über. Damit endet die bisherige, einige Zeit
andauernde Großwetterlage "Trog Mitteleuropa" nun endgültig: Unser bisher
wetterbestimmender Höhentrogkomplex besteht aus einem Dipol mit Drehzentren über
Polen und knapp nördlich des Tyrrhenischen Meeres. Mit Vorstoß des Rückens wird
dieser Komplex regelrecht "in die Länge gezogen". Das Höhentief über Polen
verlagert sich ins Baltikum, füllt sich weiter auf und wird schließlich als
Randtrog in den auf Skandinavien übergreifenden Höhentrog inkludiert, während
der südliche Dipol langsam südwärts wandert. Somit verlieren beide ihren
Einfluss auf das Wetter hierzulande.
Im Bodenfeld ziehen sich die beiden an die Höhendipole gekoppelten
Tiefdruckgebiete ebenfalls einerseits Richtung Baltikum, andererseits nach
Süditalien zurück. Somit setzt sich der Druckanstieg im Vorhersagegebiet vor
allem in der Mitte und im Süden weiter fort und von Frankreich her weitet sich
eine kräftige Hochdruckzone ("ALRUN") über Süddeutschland hinweg Richtung
Ostösterreich und Tschechien aus.
An der Ostflanke der sich nähernden Hochdruckzone hat sich mit
nordnordwestlicher Anströmung vor allem am Alpenrand eine veritable Staulage
eingestellt, die auch noch bis weit in die Nacht andauert. Allerdings verlieren
die Niederschläge, die dort bei etwa -5 bis -7 Grad in 850 hPa bis in tiefe
Lagen als Schnee fallen, bereits deutlich an Intensität. In den vergangenen 36
Stunden gab es in exponierten und höher gelegenen Staulagen gebietsweise 30 bis
40 cm Neuschnee, noch etwa 5 bis 10 cm dürften dazukommen.
Auch am Nordrand der östlichen Mittelgebirge sowie in den ostbayerischen
Mittelgebirgen schneit es bis in die Nacht hinein noch leicht, allerdings reicht
es meist nur noch für wenige Zentimeter.
Während es im Südosten auch abseits der Alpen bzw. der Mittelgebirge noch
leichte Niederschläge - in tiefen Lagen meist Schneeregen oder Regen, ab etwa
400 bis 600 m Schnee - gibt, ist es sonst bereits überwiegend trocken, abgesehen
von vereinzelten unergiebigen Schauern an den Küsten bzw. im angrenzenden
Binnenland. Vor allem im Norddeutschen Tiefland gibt es auch größere
Wolkenlücken, ansonsten hält sich innerhalb der feuchten Grundschicht vielerorts
dichte, gebietsweise auch hochnebelartige Bewölkung.
Im Laufe der Nacht klingen dann auch im Südosten die Niederschläge ab,
allerdings lockern die Wolken generell nur sehr zögerlich auf, am ehesten
vielleicht noch vom Westen über die Mitte bis in die östlichen Landesteile,
während es im Südosten noch überwiegend bedeckt bleiben dürfte. Erneut lässt
sich aufgrund der Bewölkungsverhältnisse nur schwer abschätzen, wo es für Frost
reicht. Dieser tritt allerdings sicherlich verbreiteter auf als in den
vergangenen zwei Nächten, zumal die Luftmasse niedertroposphärisch etwas kälter
ist und die Chancen auf Auflockerungen höher sind. Frostfrei bleibt es wohl im
Nordwesten (dazu mehr im nächsten Abschnitt), aber auch in Teilen der Lausitz
sowie in einigen Niederungen West- bzw. Südwestdeutschlands. Vor allem im
Bergland sowie im Süden und Osten kann gebietsweise Glätte durch Überfrieren
auftreten.
Im Nordwesten macht sich bereits die kräftige WLA, die den Rücken überläuft, in
Form aufziehender mehrschichtiger Bewölkung bemerkbar und verhindert meistens
frostige Temperaturen.
Im Laufe der Nacht kommt es über dem Seegebiet südwestlich von Island zudem zu
einem weiteren, markanten Trogvorstoß. Vorderseitig kann sich das Tief "YONATAN"
bis Donnerstagfrüh zu einem ausgewachsenen Sturmwirbel entwickeln mit einem
Kerndruck von ca. 960 hPa. Eine diesem Tief vorgelagerte frontale Welle wird in
dessen Warmfront inkludiert und greift bereits nachts von den Britischen Inseln
her auf die Nordsee über, eventuell auch als zwei Warmfronten analysiert, von
denen die vordere morgens das Seegebiet knapp westlich bzw. nördlich der
Deutschen Bucht erfasst. Zwar bleibt es an der deutschen Nordseeküste noch
überwiegend trocken, dennoch verschärft sich der Gradient präfrontal deutlich
und der auf Südwest bis Süd rückdrehende Wind frischt auf. Morgens gibt es
zumindest über der Deutschen Bucht und den ersten Inseln steife Böen (Bft 7).

Donnerstag ... befindet sich das südlich von Island langsam ostwärts ziehende
Sturmtiefs ziemlich genau achsensenkrecht unterhalb des Höhentiefkerns und hat
somit seine Entwicklung weitgehend abgeschlossen. Es weist aber zunächst noch
einen großen Warmsektor auf, okkludiert nur zögerlich und schwächt sich dadurch
vorerst kaum ab. Zeitweise weist es einen Kerndruck von knapp unter 960 hPa auf.

Die Warmfront(en) des Tiefs kommen über der Nordsee ostwärts voran, zumindest
der nördliche Part erreicht abends Südskandinavien und die westliche Ostsee und
überquert dabei auch den Westen und Norden des Vorhersagegebietes mit
Regenfällen meist leichter Intensität, die abends in etwa eine Linie
Saarland-Mecklenburg erreichen. Dabei ist es tatsächlich nicht unerheblich, ob
es sich um eine oder zwei Fronten handelt. Vor allem die ICON-Kette (ICON-EU und
I-D2) simuliert nämlich einen zweiten kräftigen WLA-Schub im Tagesverlauf über
Westdeutschland, den man durchaus als Warmfront interpretieren könnte. Während
GFS und IFS, aber auch andere Modelle vom Saarland bis ins südliche
Niedersachsen nur geringe Niederschläge auf der Agenda haben, simulieren die
deutschen Modelle (recht konsistent seit einigen Läufen) dort nachmittags und
abends gebietsweise bis 4 l/m² in 6 Stunden. Tagsüber ist das warnkritisch
natürlich unkritisch, könnte aber in der Nacht spannend werden (Stichwort:
Glatteis), dazu später mehr.
Da der Höhenrücken über dem Vorhersagegebiet durch das nach wie vor
hochreichende und umfangreiche Mittelmeertief blockiert wird, kommt er nur bis
etwa zu den mittleren Landesteilen voran und büßt zunächst aber wenig an
Substanz ein. Die Hochdruckzone über Süddeutschland bleibt somit unverändert
robust und wird nur langsam ein klein wenig nach Südosten abgedrängt.
Entsprechend verschärft sich der Gradient vorübergehend etwas und der Wind legt
noch etwas zu. Aufgrund der stabilen Schichtung macht sich das warntechnisch
aber lediglich an den Küsten sowie in einigen Gipfellagen bemerkbar. Im
Nordseeumfeld gibt es steife bis stürmische Böen (Bft 7 bis 8), über der
Deutschen Bucht eventuell auch mal eine Sturmböe (Bft 9), an der Ostseeküste
reicht es nur an exponierten Abschnitten für einzelne steife Böen aus Südwest.
In den Kamm- und Gipfellagen der zentralen und nördlichen Mittelgebirge ist mit
steifen, exponiert stürmischen Böen zu rechnen, auf dem Brocken mit Sturmböen,
schwere Sturmböen (Bft 10) am Nachmittag nicht ganz ausgeschlossen.
Während es im Westen und Norden überwiegend stark bewölkt bis bedeckt bleibt,
lösen sich die Nebel- und Hochnebelfelder im Osten und Süden teils nur zögernd
auf. Vor allem in höheren Lagen (das Absinken führt zu einer Abtrocknung der
unteren Troposphäre oberhalb der feuchten Grundschicht) und an den Nordseiten
der Mittelgebirge sowie an den Alpen kann sich auch länger die Sonne
durchsetzen. Die Milderung macht sich von Nordwesten her niedertroposphärisch
schon deutlich bemerkbar, bis zum Abend steigt die 850 hPa-Temperatur auf Werte
zwischen -3 Grad in Südostbayern und knapp +7 Grad an der Nordsee. "Unten" merkt
man davon allerdings nicht allzu viel. In einigen Regionen mit beständigem
Hochnebel im Südosten werden die 0 Grad kaum überschritten, örtlich gibt es
vielleicht sogar Dauerfrost. Ansonsten werden Maxima zwischen 1 und 5 Grad
erreicht, entlang des Rheins sowie vom Münsterland bis zur Nordseeküste etwa 5
bis 8 Grad.

In der Nacht zum Freitag zieht unser Sturmtief "YONATAN" dann allmählich ins
Seegebiet zwischen Island und Färöer-Inseln, füllt sich aber zunächst kaum
weiter auf. Der zugehörige Höhentrog greift auf Westeuropa über, wodurch der
Höhenrücken über der Mitte des Vorhersagegebietes allmählich an Substanz
verliert. Nördlich davon dreht die Höhenströmung über der Nordsee und
Nordwestdeutschland auf Südwest, die Frontalzone weitet sich von den Britischen
Inseln über die Nordsee bis nach Südskandinavien aus.
Während die Warmfront über Süd- bzw. Mittelskandinavien und die mittlere Ostsee
rasch ostnordostwärts vorankommt, gerät die Kaltfront über der südlichen Nordsee
und dem Ärmelkanal mangels Schubkomponente ins Schleifen. Im Zuge der
Warmfrontpassage und im Warmsektor fällt vor allem im Norden weiterhin etwas
Regen, später dann, präfrontal zur schleifenden Kaltfront, auch wieder im
Westen.
Unsicher ist nach wie vor, wie weit die von der deutschen Modellkette im Zuge
der eventuellen zweiten, sich im Höhenkeil dann aber langsam auflösenden
Warmfront simulierten leichten Regenfälle noch ostsüdostwärts vorankommen. In
der ersten Nachthälfte sollen sie nach Lesart der beiden Modelle zumindest noch
den zentralen Mittelgebirgsraum (Südwestfalen, Hessen und Westthüringen) und
Unterfranken erfassen. Die Mengen sind zwar nicht nennenswert, dennoch kann in
den Regionen - vorherige Auskühlung vorausgesetzt - vor allem in Tallagen der
Regen auf den kalten Böden gebietsweise gefrieren und zu Glatteis führen.
Hinweise darauf sind in den anderen Modellen allerdings nicht enthalten und auch
die ICON-Kette simuliert nur noch geringe Mengen.
Die Hochdruckzone über Süddeutschland wird nun langsam Richtung Alpen und
Südosteuropa abgedrängt, bleibt aber robust. Der Gradient fächert somit nur
langsam auf, entsprechend gibt es im Nordseeumfeld weiterhin steife, anfangs
auch noch stürmische Böen aus Südwest, an der Ostsee exponiert steife Böen und
auf dem Brocken stürmische Böen, anfangs auch Sturmböen.
Im Südosten bleibt es noch aufgelockert bis gering bewölkt, ebenso in Teilen von
Sachsen und Südbrandenburg. Allerdings breiten sich vor allem im Süden wieder
Nebel- und Hochnebelfelder aus bzw. verdichten sich. In diesen Regionen gibt es
verbreitet leichten, südlich der Donau oft auch mäßigen und in den Alpentälern
teilweise strengen Frost. In der Nordwesthälfte bleibt es dagegen mit Minima
zwischen 7 und 2 Grad frostfrei und in der Mitte tritt nur gebietsweise Frost
auf.

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Synoptische Entwicklung bis Samstag 06 UTC

Freitag ... ist den Ausführungen in der Frühübersicht nicht viel hinzuzufügen.
Ein die Britischen Inseln und die Nordsee bis zur Nacht zum Samstag
überquerender Kurzwellentrog verleiht der Kaltfront nun eine Schubkomponente,
der vorgelagerte Höhenkeil wird abgebaut und in der Nacht zum Samstag erreicht
die Front auch den Südosten des Landes.
Dort - vor allem in Südostbayern - fällt der Regen in die kalte Grundschicht und
somit steht wohl eine veritable Glatteislage ins Haus, die auch nach Lesart der
aktuellen Modellläufe auch unwetterartig ausfallen könnte.
Ansonsten greift die Milderung fast überall durch und warnrelevant ist dann nur
noch der Wind in einigen Höhenlagen sowie im Nordseeumfeld.



Modellvergleich und -einschätzung
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Die Modelldifferenzen, die Niederschläge und das eventuelle Glatteis in der
Nacht zum Freitag betreffend wurden im Text angesprochen; wenn überhaupt, tritt
Glatteis nur sehr regional und schon gar nicht unwetterartig auf.
Anders in der Nacht zum Samstag: Da haben sich die Modelle inzwischen
angeglichen und es ist davon auszugehen, dass für Teile Ost- und Südbayerns
erneut eine mindestens markante Glatteislage ins Haus steht.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Winninghoff